Inzersdorf gestern und heute

Aus dem Buch „So Long –Mutmachertexte für Veränderungsunwillige“ von Oliver Meidl

Kaum irgendwo ist Veränderung sichtbarer als im Stadtbild. Das trifft besonders auf Wien-Inzersdorf zu. Der Ortsname Inzersdorf geht auf seinen Gründer Imizi zurück und ist seit Beginn des zwölften Jahrhunderts belegt. Hier schrieb Wolfgang Ambros das schwermütige Album „Hoffnungslos“, in dem er die Frage stellte: „Wie hört des auf, wie wird des weitergeh’n?“

Im Gespräch mit langjährigen Ortsansässigen erschließt sich einem, wie stark sich das Stadtbild von Inzersdorf verändert hat. In der Mitte der Draschestraße, wo einmal das Gasthaus Pressler war, ist nun ein Supermarkt. Nicht unerwähnt bleiben soll auch Anton Kocis Kaffee-Restaurant und Hotel „Zum weißen Rössl“. Weiter oben, wo heute ein Gymnasium steht, war eine „Kettenfabrik“ gewesen. Im Grunde handelte es sich um eine Baumwolldruckerei (Kattundruckfabrik), doch das Wort „cotton“ oder „Kattun“ wurde im Volksmund zu „Ketten“. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, wo heute die „Kipferlhex“ ist, war früher das Gemeindegasthaus Sandner mit einem Tanzsaal im ersten Stock.

Ein Stück weiter, gleich neben dem Pfarrhaus und vis-à-vis von der Volksschule, befand sich das Gemeindehaus, welches nach der Eingliederung der Ortschaft in die Stadt Wien geschliffen wurde. Ein ähnliches Schicksal widerfuhr dem im Zweiten Weltkrieg in Mitleidenschaft gezogenen Drascheschloss. Der vormalige Herrschaftssitz des „Ziegelbarons“ Heinrich Drasche musste Mitte der Neunzehnsechzigerjahre dem Bau der Wiener Südosttangente weichen. Jenseits der Bahntrasse lagen die Gründe der Ziegelei am Wienerberg – nun ein Wohn- und Erholungsgebiet. Auch die Fassade der früheren Inzersdorfer Konservenfabrik wurde mittlerweile in einen neuen Wohnbau integriert.

Die Pfarrkirche St. Nikolaus und der Inzersdorfer Friedhof sind uns erhalten geblieben. Sie zeugen von Kontinuität, wo andere Einrichtungen dem Wettlauf mit der Zeit weichen mussten.